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Storchenreise

von Dr. Stefan Bosch

Seit 2014 brüten Weißstörche auf der Nestplattform des Naturparkzentrums. Erstmals wurden die Jungstörche in diesem Jahr nicht nur beringt, sondern auch mit einem kleinen Telemetriesender versehen. Mit dessen Hilfe, gehen wir mit den Zugvögeln auf die Reise und können zeitnah ihre Wege und auch ihr Schicksal verfolgen.

In einem Tagebuch begleiten wir unsere Jungstörche auf ihrem Weg ins Leben und um die Welt.


Die regelmäßigen und bebilderten Artikel stellt uns Dr. Stefan Bosch zu Verfügung. Er ist u.a. auch der Vogelbeauftragte des Nabu BW. Wir vom Naturpark arbeiten in vielfältiger Weise mit ihm zusammen und freuen uns, ihn als Naturparkbewohner zu haben.


Mit Padlet erstellt

High-tech huckepack

Die kleinen Telemetriesender tragen die Störche huckepack im Rückengefieder. Sie sind leicht und haben etwa die Größe einer halben Zigarettenschachtel. Aus jahrelangen Erfahrungen mit hunderten Störchen weiß man, dass das Gewicht und die Haltebänder die Vögel weder im Alltag noch auf ihrer Reise beeinträchtigen. Meistens ist vom Sender nur eine kleine vorstehende Antenne auf dem Rücken erkennbar. Der Sender ist solarbetrieben und übermittelt per Funk regelmäßig die geografische Position und weitere Daten aus dem Leben der Störche. Besonders spannend sind die Angaben zu ihren Wanderwegen, die wir verfolgen und hier darüber berichten wollen.

 

Findus Mammutreise

Für Schlagzeilen sorgte im Juli der in Dänemark besenderte Storch namens Findus, der in seinem ersten Lebensjahr auf der Ostroute über den Bosporus und das Niltal nach Nordafrika zog, dieses durchquerte und auf der Westroute über Gibraltar wieder nach Europa zurückkehrte. Bei diesem für Weißstörche ungewöhnlichen „Rundflug“ überflog er nicht weniger als 23 Länder!

Solche spannenden Tatsachen aus der Tierwelt wüssten wir ohne Telemetrie nicht und sie zeigen uns, dass Zugvögel wirklich alle Grenzen überwinden und wir durch sie mit anderen Ländern, Kontinenten und Kulturen verbunden sind.

 

Tagebucheintragungen 2024

Wichtige Neuigkeiten von unseren drei diesjährigen Storchenweibchen. Zunächst haben die Besucher des Naturparkzentrums in den letzten Wochen bei einer öffentlichen Wahl über die Namen für unsere Störchinnen entschieden: Das Trio hat nun die Namen Adele, Augusta und Aria bekommen. Diese Namen haben wir den einzelnen Störchen zugeordnet und werden sie zukünftig statt der nüchternen Zahlen verwenden.

Unsere bisherige Störchin Nr. 1 hat sich als Weltbummler entpuppt und hat schon bald nach dem Ausfliegen ihrer Heimat Ade gesagt hat, deshalb haben wir sie naheliegenderweise Adele getauft. Adele ist in 12 Tagen vom Rhein-Neckar-Raum über das Rhonetal an die französische Mittelmeerküste, von dort an den östlichen Pyrenäen vorbei in den Norden Spaniens nahe Figueres geflogen, wo sie sich aktuell noch aufhält. Ganz anders dagegen Storch 2, unsere Augusta. Ihr gefällt es offenbar in Oberschwaben und ist sich seit Wochen in der Umgebung von Bad Saulgau anzutreffen.

Für Überraschungen sorgt die dritte Störchin Aria. Wegen Störungen in der Datenübertragung wussten wir zunächst nicht viel vor ihr. Doch nun ist sicher, dass sie am 31. August ebenfalls am Mittelmeer zwischen Marseille und Montpellier eingetroffen ist. Über Tübingen, Ulm, Zürich, Biel flog sie zum Genfer See und von dort in nur zwei Tagen ans Mittelmeer. Sie startete zunächst wie Augusta in östlicher Richtung, ist nun aber in raschem Tempo Adele nach Südwesten gefolgt.

Nicht bei allen Vogelarten erkennt kann man auf den ersten Blick das Geschlecht. Bei vielen Arten sind beide Geschlechter gleich gefärbt und weisen keine typischen Unterschiede auf. Bei anderen wie zum Beispiel bei der Stockente oder der Amsel ist es eindeutig: Die Männchen sind auffallender gefärbt und die Weibchen eher dezent in gedeckten Farben. Auch bei Weißstörchen gibt es keine auffallenden Geschlechtsunterschiede. Allenfalls diskrete Merkmale wie die Körper- oder Schnabelgröße können Hinweise geben, aber das ist nicht immer eindeutig. Nur wenn sich beringte Störche paaren, kann man anhand des Verhaltens der jeweiligen Ringnummer das Geschlecht zuordnen: Das Männchen steht bei der Paarung waghalsig balancierend auf dem Rücken des Weibchens (wie im Bild zu sehen).

Wir müssen nicht auf solche Beobachtungen warten, sondern wissen schon jetzt das Geschlecht des diesjährigen Nachwuchses. Bei der Besenderung Anfang Juni wurde von jedem Storch eine kleine Probe für genetische Untersuchungen genommen und deren Ergebnisse liegen nun vor: Alle drei Zaberfelder Jungstörche sind weiblich. Und sie ziehen mittlerweile deutlich weitere Kreise um den Horst. Die Senderdaten belegen, dass sie in diesen Tagen großräumiger zwischen Neckartal und Stromberg unterwegs sind.

Unsere drei Jungstörche sind kräftig gewachsen, inzwischen flugfähig und ziemlich mobil. Seit dem 7. Juli unternehmen sie täglich Ausflüge in die Umgebung, kehren aber regelmäßig in den Horst am Naturparkzentrum zurück und werden dort auch noch von den Altvögeln gefüttert (im Bild). Die Telemetriesender geben genauen Aufschluss über die Mobilität des Trios. Der Aktivitätsradius der Jungstörche um den Horst beträgt aktuell drei bis fünf Kilometer. Mittlerweile waren sie zu Stippvisiten bei Zaberfeld, Leonbronn, Michelbach, Weiler und häufig auf der Wiesenlandschaft am Riesenbach nördlich des Zentrums unterwegs. Auch wenn das Nest noch der Lebensmittelpunkt darstellt, ist es in diesen Tagen doch öfters verwaist, wenn sich die Störche auf den umliegenden Wiesen und Feldern aufhalten. Aufgrund der Regenfälle dürfte die Nahrungsversorgung diesen Sommer günstig sein. Im August ist mit der Abwanderung der Störche zu rechnen. Dann vergesellschaften sie sich mit zahlreichen anderen Artgenossen in Flusstälern wie der Enz und irgendwann geht es dann auf die ganz große Reise in den Süden.

Dort im Süden, genauer in Spanien, gefällt es Störchin Lea aus Cleebronn offenbar besonders gut. Die im letzten Jahr im Zabergäu geschlüpfte Störchin zog es bis Südspanien und nun hält sie sich seit geraumer Zeit in Nordspanien zwischen Pamplona und Zaragoza auf, wo sie höchstwahrscheinlich auch ihren zweiten Winter verbringen wird, bevor sie wieder in die süddeutschen Brutgebiete zurückkehrt.

Der jüngste Dauerregen hat im Land zu dramatischen Brutausfällen beim Weißstorch geführt. Wegen Nässe und Kälte sind in den Nestern zahlreiche Jungstörche in ihren ersten Lebenswochen ums Leben gekommen. In dieser Phase sind sie besonders anfällig und die Elternvögel konnten sie nicht ausreichend vor den anhaltenden Niederschlägen schützen. Umso erfreulicher ist es, dass drei der vier Zaberfelder Jungstörche nach wie vor gesund und munter im Nest sitzen. Am 4. Juni ist es sogar gelungen noch kurzfristig eine Arbeitsbühne zu organisieren, um den Storchennachwuchs zu beringen und in Zusammenarbeit mit dem Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie/ Vogelwarte Radolfzell mit Telemetriesendern zu versehen. Zugleich nutzen wir solche Gelegenheiten, den Storchenhorst unter die Lupe zu nehmen. Das Nest war diesmal erfreulich trocken und kaum vermüllt. Von den Störchen eingetragene und verbaute Plastikabfälle sind oft die Ursache für einen Nässestau. Bei den Nestkontrollen muss oft einiger Wohlstandsmüll abgeräumt werden, der die Brut gefährden könnte. Ursprünglich waren vier Jungstörche geschlüpft, doch das Nesthäkchen hat Pfingsten leider nicht überlebt und wurde von den Elternvögel tot aus dem Nest geworfen. Auch das ist und gehört zur Natur.

Bei bestem Wetter konnten wir jetzt mit der Arbeitsbühne zum Nest hochfahren, die drei Jungvögel kurzzeitig aus dem Nest entnehmen, untersuchen, vermessen, mit einem Ring am Bein versehen und die mit einem kleinen Solarmodul betriebenen Telemetriesender huckepack auf ihrem Rücken anbringen. Diese Geräte sind leicht und vergleichbar mit der Belastung eines Menschen durch eine Armbanduhr oder einen Fitnesstracker. Beringung wie Besenderung sind getestete, langjährig und weltweit bewährte, erprobte und behördlich genehmigte Methoden, um unser Wissen über die Störche zu verbessern. Auf diese Weise erhalten wir wertvolle Daten über Alter, Lebenserwartung, Todesursachen, Zugwege, Rastplätze, Überwinterungsstrategien etc. und damit wichtige Informationen für den Arten- und Lebensraumschutz.

Nachdem die drei letztjährigen Senderstörche leider alle zu Tode kamen (was nicht ungewöhnlich ist), hoffen wir für das diesjährige Nachwuchs-Trio auf lange und interessante Storchenleben – und wir können sie hier wieder mit der Storchenreise begleiten!

Herzlicher Dank gilt der Fa. Mehl Mietpark in Eppingen und Landwirt Thomas Schüle aus Zaberfeld, die die Beringung kurzfristig ermöglicht und fachkundig unterstützt haben.

Ende April sind die Jungstörche geschlüpft. Inzwischen sind sie schon so groß, dass sie im Nest stehen und leise mit ihren Schnäbelchen klappern. Dennoch bleibt ihre genaue Zahl unklar. Da der Zaberfelder Horst nicht von oben einsehbar ist, kann man nur die Köpfe zählen, die über den Nestrand ragen. Auf jeden Fall sind es mindestens drei Jungstörche. Einige Beobachtende haben auch noch einen vierten Jungvogel gesichtet. Manchmal gibt es kleine „Nesthäkchen“, die nur bei günstigen Rahmenbedingungen überleben und die Zahl der Nachkommen vergrößern. Klarheit wird die für Ende Mai geplante Beringung geben, bei der wir mit einer Hebebühne zum Nest hochfahren und einen direkten Einblick ins Nest bekommen. Wir werden dazu berichten.

In der Woche vor Pfingsten gab es in Südwestdeutschland vielerorts ergiebigen Starkregen und Hochwasser. In der Nestlingszeit sind solche Wetterereignisse kritisch. Auch diesmal setzte der anhaltende Regen manchen Storchenbruten im Land ein Ende. Wir freuen uns, dass die Zaberfelder Störche die Wetterextreme bisher unbeschadet überstanden haben!

Während Störchin Lea, der einzige aus dem letzten Jahr überlebende Jungstorch aus dem Zabergäu, ihren Aufenthaltsort vom Osten Madrids etwas weiter südwestlich nach Toledo verlagert hat, warten wir am Naturparkzentrum auf die nächste Storchengeneration! Noch deutet das Verhalten der beiden Altvögel nicht auf geschlüpften Nachwuchs hin. Aber in den nächsten Tagen ist mit dem Ende der Brutzeit und dem Schlupf der Storchenküken zu rechnen. In manchen Regionen des Landes ist der Nachwuchs bereits da. Sobald die Schnäbel der hungrigen Jungen zu stopfen sind, endet das eher geruhsame Brüten und der Elternstress beginnt: Von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang sind dann die Storcheneltern gefordert, Nahrung zu suchen und zu füttern.

Da man in den Horst am Naturparkzentrum nicht von oben hineinsehen kann, werden wir erst mit einiger Zeitverzögerung erfahren, wie viele Jungvögel dieses Jahr tatsächlich im Nest sitzen: Erst wenn sie die Köpfe über den Nestrand recken, kann man sie zählen. Auf jeden Fall versprechen die nächsten Wochen interessante Beobachtungen am Nest.

Seit wenigen Wochen sind die Störche zurück und haben den Horst am Naturparkzentrum in Besitz genommen. Da beide Vögel nicht beringt sind, kann man über ihre Herkunft nichts aussagen. Während hier das Brutgeschäft mit Nestrenovierung, Horstverteidigung und Paarungen begonnen hat, halten sich immer noch zahlreiche Weißstörche in Spanien auf. Dabei handelt es sich oft um die letztjährigen Jungvögel, unter ihnen ist auch Lea aus Cleebronn. Sie befindet sich immer noch am Rio Manzanares südöstlich von Madrid und scheint nicht nach Norden ziehen wollen. Möglicherweise wird sie entgegen der Prognose vom Februar dort den ganzen Sommer verbringen.

Andere Störche mit Sendern sind noch auf dem Rückweg zu uns. Für die Strecke aus Zentralspanien nach Süddeutschland benötigen sie etwa acht bis vierzehn Tage, die sie meistens ohne größere Rastpausen absolvieren. Oft sind mehrere besenderte Störche zusammen unterwegs, wie man anhand der Trackerdaten sehen kann. Und vermutlich sind noch weitere unmarkierte Störche in ihrer Gesellschaft. Weiterhin keine Spur gibt es vom Zaberfelder Senderstorch Mr. X, der höchstwahrscheinlich in Spanien tödlich verunglückt ist und den wir leider nicht mehr weiterverfolgen können. Aber wir hoffen mit dem neuen Brutpaar (Foto) auf eine erfolgreiche Brutsaison 2024!

Während bereits seit Ende Januar dutzende Weißstörche in ihre süddeutschen Brutgebiete zurückgekehrt sind, bereitet uns unser Zaberfelder Storch Mr. X große Sorgen. Zuletzt hielt er sich regelmäßig in Südspanien zwischen Cordoba und Malaga auf. Seit Mitte Dezember stottert jedoch sein Telemetriesender und übermittelte bis Mitte Januar nur noch selten bruchstückhafte Informationen und diese immer von derselben Position. Seit Mitte Januar herrscht völlige Funkstille. Dies sind Indizien, die nahelegen, dass Mister X vermutlich nicht mehr am Leben ist. Eventuell könnte auch nur die Funkverbindung gestört sein, die bis 22. Dezember 2023 einwandfrei funktionierte. Wir wollen abwarten, ob nur ein Problem der Technik oder Datenkommunikation vorliegt und in der nächsten Zeit doch noch vollständige und aktuelle Positions- und Bewegungsdaten übermittelt werden oder ob sich die traurige Vermutung bestätigt. Wir werden weiter dazu berichten.

Störchin Lea hält sich weiterhin südöstlich von Madrid in Gesellschaft anderer Störche auf, unter anderem von „Wiesenmann“ aus der Pfalz, den wir als Gast im Enztal kennen. Beide werden sich demnächst Richtung Norden aufmachen und wir können mit Hilfe der Telemetrie verfolgen, wohin ihre Reise sie führen wird.


Tagebucheintragungen 2023

Wo sind unsere Naturparkstörche im November? In Spanien. Seit vielen Wochen hält sich Lea in den südöstlichen Außenbezirken von Madrid und Mr. X zwischen Cordoba und Malaga auf. Allzu romantisch darf man sich die Winterquartiere nicht vorstellen. Lea überwintert an einer Mülldeponie und Mr. X in einer landwirtschaftlich intensiv genutzten Landschaft. Dort pendeln sie täglich nur wenige Kilometer umher und suchen manchmal einen Flusslauf oder einen See auf. Mit ihnen sind zahlreiche weitere besenderte Störche in diesen Gebieten anwesend.

Eigentlich sind Weißstörche Langstreckenzieher. Doch seit Jahren zeigen vor allem die „Westzieher“ ein verändertes Zugverhalten: Sie sparen sich den energieaufwändigen Fernflug über Gibraltar nach Nordwestafrika. Sie bleiben auf der Iberischen Halbinsel und mittlerweile zu hunderten auch hier im Land. Trotz Kälte und Schnee überwintern zunehmend Weißstörche in unseren Breiten. Bekannte „Zugverweigerer“ sind der seit Jahren in Oberschwaben überwinternde Storch Pius oder neuerdings Trick in Weil der Stadt (im Bild). Sorgen um Kälte und Hunger sind unberechtigt, denn Störche verlassen uns nicht wegen der Kälte, sondern wegen der Nahrungsknappheit. Doch als Nahrungsopportunisten finden sie im Winterhalbjahr hier wie auch in Spanien genügen Mäuse, Würmer, kleine Fische – und Abfälle.

Als Gründe für die Zugunlust werden der Klimawandel, das Nahrungsangebot, gezielte Fütterung (die grundsätzlich vermieden werden sollte, um keine Abhängigkeiten zu schaffen) und Prägung auf Ansiedlungsprojekte diskutiert. Als Vorteil des neuen Zugverhaltens gilt die frühzeitige Anwesenheit im Brutgebiet, mit der man sich die besten Neststandorte sichern kann.

Um mehr über die „Winterstörche“ zu erfahren, sammelt der NABU zwischen November und Ende Januar Storchensichtungen unter https://NABU-naturgucker.de/weissstorch

 

Plötzlich geht es ganz schnell: In Riesenschritten sind unsere Störche jetzt in Frankreich! Lea, das Cleebronner Storchenweibchen, hat bereits das Mittelmeer erreicht und Mr. X ist noch auf dem Weg dorthin.
Beide Vögel hielten sich Ende Juli auf Feuchtwiesen auf. Lea zunächst für neun Tage im Enztal, dann zwölf Tage im Großraum Bruchsal-Karlsruhe und Mr. X für 19 Tage an der Weschnitz. Dann zog es beide im Rheintal südwärts und Lea legte richtig Tempo vor: Am 10.8. Spöck, 11.8. Rastatt, 12.8. Achern, 13.8. Kehl, 17.8. Herbolzheim. Am selben Tag passierte sie noch die französische Grenze und über Mulhouse, Dole, Valence erreichte sie am 21.8. Béziers am Mittelmeer. Damit war sie von Spöck nach Béziers elf Tage unterwegs. Am 22.8. hält sie sich bei Narbonne auf, in Gesellschaft eines Storches aus Steppach nahe Bamberg. Jeder der beiden etwa drei Monate alten Jungvögel hat bis dato etwa 1000 Kilometer zurückgelegt. Mr. X bevorzugte nach der Weschnitz den Raum Heidelberg- Speyer, den er am 18.8. nach Süden verlassen hat. Am 19.8. startete er in Rheinstetten, war am 20.8. bei Mulhouse und am 21.8. bei Besancon.
Am Verhalten beider Senderstörche bestätigt sich, dass Jungstörche nach dem Ausfliegen sich zunächst in Gesellschaft anderer Artgenossen gerne in ergiebigen Nahrungsgründen in einigen zig Kilometern Umkreis ihrer Geburtsorte aufhalten und dann den Radius erweitern. Um Mitte August packt sie die Zugunruhe und es geht zielstrebig Richtung Südwesten.

 

Nicht ohne Grund habe ich im Eingangstext auch vom Schicksal der Störche geschrieben. Einen unserer Jungvögel hat im Enztal das Schicksal ereilt: Nr. 79 lag am 25. Juli tot unter einem Strommasten am Ortsrand von Mühlhausen. Stromtod ist leider immer noch eine häufige Todesursache vor allem bei Vogelarten mit großen Flügelspannweiten. Obwohl hierzulande viele „Killermasten“ von den Energieversorgern entschärft wurden, sind auch im Enztal immer wieder Verluste zu beklagen.
Somit können wir nun nur noch einen Senderstorch aus Zaberfeld verfolgen. Ich nenne ihn wegen des „X“ in seiner Ringnummer Mr. bzw. Mrs. X (sein Geschlecht wird noch anhand einer Probe genetisch geklärt und danach der Name angepasst). Mr(s). X hält sich nach wie vor mit weiteren Störchen im Naturschutzgebiet Weschnitz-Insel bei Lorsch (Hessen) und Heppenheim auf. Die 200 Hektar große, 2017 renaturierte Grünlandaue ist ein großartiges Schutzgebiet im europaweiten Natura 2000-Netz. Dort rasten oder brüten Brachvögel, Kraniche, Kiebitze, Bekassinen und Waldwasserläufer. Wegen des Betretungsverbotes sieht man sogar auch am Tag äsende Rehe. Ausgeflogene Weißstörche halten sich noch mehrere Wochen mit Artgenossen in der weiteren Umgebung ihrer Geburtsorte auf. Deshalb sind Rastgebiete wie Wässerwiesen und Auen im Jahreszyklus äußerst wichtige Komponenten. Mit ihrem Interesse an der Weschnitz-Insel unterstreichen die Störche die Bedeutung und Notwendigkeit großflächiger, unverbauter und ungestörter Naturflächen – nicht nur für Adebar, sondern auch für andere selten gewordene Vögel, Amphibien, Libellen und Pflanzen.

 

In der zweiten Julihälfte verlassen viele Jungstörche im Land ihren Horst. Dabei gab es verschiedentlich kleine Bruchlandungen in Gärten und auf Balkonen, die jedoch glimpflich verliefen. Auch unsere beiden diesjährigen Störche haben zunächst ihre Aktionsradien in der unmittelbaren Umgebung erweitert und sind inzwischen von der Ehmetsklinge abgezogen.

Der eher zurückhaltend wirkende Storch Nr. 39 war zunächst bei Ochsenbach und am Ortsrand von Leonbronn und kehrte noch regelmäßig zum Horst zurück. Am 23. Juli startete er nach Nordosten und hält sich seitdem an der Weschnitz bei Heppenheim auf. Nr. 79 stattete am 19. Juli Michelbach einen Kurzbesuch ab und flog dann vermutlich zusammen mit anderen Störchen geradewegs ins Enztal nach Vaihingen, wo auf den aktuell gefluteten Wässerwiesen zahlreiche Störche rasten. Vermutlich werden beide Jungstörche dieses Jahr nicht mehr zum Zaberfelder Horst zurückkehren. Auch vom Cleebronner Nest zog es beide Jungvögel ins Enztal. Nr. 68 flog am 15. Juli über Pfaffenhofen und Gündelbach an die Enz, während Nr. 67 am 19. Juli zunächst über Brackenheim westwärts nach Bretten und bei Bruchsal zu den dortigen Wässerwiesen zog, um nach kurzem Aufenthalt wieder zurück ins Enztal zu wechseln.

Etwa zwölf Wochen nach dem Schlüpfen sind die Jungstörche fast so groß wie ihre Eltern und ihre Schnäbel beginnen sich vom kindlichen Schwarz in erwachsenes Rot umzufärben. Die beiden Jungstörche haben dieser Tage/ Mitte Juli mit ersten Ausflügen begonnen. Dazu verlassen sie den Horst und steuern das Dach des Naturparkzentrums oder die umliegenden Wiesen an. Noch ist das Nest ihr Lebensmittelpunkt, zu dem sie regelmäßig zurückkehren, denn hier werden sie weiterhin von den Altvögeln gefüttert. Die Starts und Landungen klappen schon ganz gut, aber die Flugfähigkeiten müssen noch weiter trainiert und optimiert werden.

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